Eosinophile Ösophagitis: Genetische oder umweltbedingte Ursache(n)?

Die eosinophile Ösophagitis (EoE) ist eine komplexe Erkrankung, die sowohl genetische als auch umweltbedingte Ursachen hat. Studien zeigen eine familiäre Häufung von EoE, was auf eine genetische Komponente hinweisen kann. Der rasche Anstieg der EoE-Fälle kann allerdings nicht allein durch genetische Faktoren erklärt werden, daher müssen Umweltfaktoren eine wesentliche Rolle spielen.

Eosinophile Ösophagitis: Genetische oder umweltbedingte Ursache(n)?
Quelle: Nature with Nurture: the Role of Intrinsic Genetic and Extrinsic Environmental Factors on Eosinophilic Esophagitis

Genetische (intrinsische) Faktoren bei EoE

Barrierefunktion der Speiseröhre

Die Speiseröhre ist mit einer Schleimhaut ausgekleidet, die als Schutzbarriere gegen Reizstoffe, Allergene und Mikroben dient. Bei EoE-Patienten ist diese Barriere der Speiseröhre oft geschwächt.

Filaggrin (FLG) ist ein bekanntes Gen für die Haut- und Schleimhautbarriere. Mutationen in FLG führen zu einer schwächeren Barrierefunktion, sodass Allergene leichter in die Schleimhaut eindringen können. FLG-Mutationen sind auch mit Neurodermitis und anderen allergischen Erkrankungen assoziiert.

Das Protein Desmoplakin (DSP) stärkt die Zellverbindungen in der Schleimhaut. Mutationen in DSP könnten die Zellverbindungen schwächen, wodurch die Speiseröhre durchlässiger für Reize wird.

Ein Gen SPINK5 (Serine Peptidase Inhibitor, Kazal Type 5), das die Aktivität bestimmter Enzyme reguliert, beeinflusst die Schleimhautstruktur. Mutationen könnten die Schutzschicht der Speiseröhre anfälliger für Schäden durch Säure oder Allergene machen.

Immunität und Entzündungsregulation

Die genetische Veranlagung beeinflusst auch die Immunantwort der Speiseröhre.

Thymic Stromal Lymphopoietin (TSLP) ist ein stark mit EoE assoziiertes Gen. TSLP ist ein Zytokin, das allergische Immunreaktionen fördert und die Aktivierung von dendritischen Zellen (wichtige Immunzellen) begünstigt. Höhere TSLP-Level wurden in der Speiseröhre von EoE-Patienten nachgewiesen.

Das Enzym Calpain-14 (CAPN14) beeinflusst die Zellen der Speiseröhre und reguliert Entzündungen. Varianten im CAPN14-Gen wurden speziell mit EoE assoziiert. Es wird vermutet, dass CAPN14 die Reaktion der Speiseröhre auf Umweltreize verstärkt.

Interleukin-13 (IL-13) spielt eine Schlüsselrolle bei der Entstehung von EoE, indem es die Barrierefunktion der Speiseröhre schwächt und die Produktion von Eosinophilen fördert. IL-5 ist für das Überleben und die Aktivierung von Eosinophilen verantwortlich, die bei EoE in der Speiseröhre akkumulieren.

Typ-2-Entzündung

Der T2-Weg ist eine spezifische Art der Immunreaktion, die mit allergischen Erkrankungen assoziiert ist. Dieser immunologische Signalweg spielt bei allergischen Erkrankungen wie Asthma, Neurodermitis und EoE eine zentrale Rolle. Er ist durch eine Überproduktion von bestimmten Zytokinen wie IL-4, IL-5 und IL-13 gekennzeichnet.

Epigenetische Faktoren

Neben genetischen Faktoren spielen auch epigenetische Mechanismen eine Rolle. Diese Mechanismen verändern die Aktivität von Genen, ohne die DNA-Sequenz zu verändern.

Eine chemische Modifikation – DNA-Methylierung – kann die Gene an- oder abschalten. Studien zeigen, dass bestimmte Gene in EoE-Patienten stärker oder schwächer methyliert sind, was die Barrierefunktion und Immunreaktion beeinflusst.

Mikro-RNAs (miRNAs) regulieren die Produktion bestimmter Proteine. Bestimmte miRNAs sind in EoE-Patienten erhöht und verstärken den T2-Weg.

Ernährung in der frühen Kindheit, Infektionen oder Antibiotikatherapien können epigenetische Muster verändern. Dies könnte erklären, warum manche Menschen mit einer genetischen Veranlagung für EoE die Krankheit entwickeln, während andere keine Symptome zeigen.

Umweltbedingte Faktoren bei der eosinophilen Ösophagitis (EoE)

Aeroallergene (Luftgetragene Allergene)

Pollen (Gräser, Bäume, Ambrosia) sind mit EoE-Schüben assoziiert, insbesondere in bestimmten Jahreszeiten. Hausstaubmilben, Schimmelpilzsporen und Tierhaare beeinflussen ebenfalls das Immunsystem und verstärken entzündliche Prozesse in der Speiseröhre.

Eine allergische Reaktion auf Aeroallergene verändert die Immunantwort, was zu einer vermehrten Produktion von Eosinophilen in der Speiseröhre führt.

Bevölkerungsdichte: Ländlich vs. städtisch

Studien zeigen eine höhere EoE-Rate in ländlichen Gebieten im Vergleich zu städtischen Regionen. In Städten ist die Exposition gegenüber Umweltverschmutzung, industriellen Chemikalien und Allergenen niedriger.

Luft- und Wasserqualität

Luftverschmutzung kann die Barrierefunktion der Speiseröhrenschleimhaut schwächen, wodurch Entzündungen und Immunreaktionen begünstigt werden. Eine schlechte Luftqualität wurde mit einer erhöhten Häufigkeit von allergischen Erkrankungen, einschließlich EoE, in Verbindung gebracht. Schadstoffe können Entzündungen in den Atemwegen und im Verdauungstrakt verstärken.

Verschmutztes und belastetes Trinkwasser, etwa durch Pestizide, Schwermetalle oder Mikroplastik, beeinflusst das Immunsystem negativ. Es gibt Hinweise, dass Regionen mit chloriertem oder fluoridiertem Wasser andere Krankheitsmuster als Regionen mit natürlicher Wasseraufbereitung haben.

Wasch- und Reinigungsmittel (Detergenzien)

Haushaltschemikalien enthalten oft Konservierungsstoffe, Duftstoffe oder aggressive Reinigungsmittel, die die Haut- und Schleimhautbarriere schwächen. Einige Studien deuten darauf hin, dass vermehrter Kontakt mit Chemikalien das Immunsystem in Richtung allergischer Erkrankungen lenken. Frühkindliche Exposition gegenüber Desinfektionsmitteln kann die Zusammensetzung des Mikrobioms negativ beeinflussen.

Medikamente

Nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) wie Ibuprofen reizen die Schleimhaut der Speiseröhre und fördern eine Entzündung. Immunsuppressiva oder Kortikosteroide, die systemisch eingesetzt werden, verändern das Immunsystem und beeinflussen die Entwicklung von EoE. Andere Medikamente, die die Darmflora beeinflussen (z. B. Protonenpumpenhemmer oder Antibiotika), tragen indirekt zur Krankheitsentstehung bei.

Antibiotika

Frühzeitige Antibiotika-Gabe kann das Darmmikrobiom nachhaltig verändern und das Immunsystem fehlsteuern. Kinder, die in den ersten Lebensjahren mehrfach Antibiotika erhalten, haben ein höheres Risiko für allergische Erkrankungen, einschließlich EoE. Durch die Veränderung des Mikrobioms kann die Immunreaktion überempfindlich gegenüber harmlosen Umweltreizen werden.

Säurehemmer (Protonenpumpenhemmer, H2-Blocker)

Obwohl Protonenpumpenhemmer (PPIs) zur Behandlung von gastroösophagealem Reflux (GERD) eingesetzt werden, beeinflussen sie das Mikrobiom der Speiseröhre. Manche Patienten mit EoE sprechen gut auf PPIs an, während sie bei anderen langfristig die natürliche Magensäureproduktion verändern!

Kaiserschnitt

Babys, die per Kaiserschnitt geboren werden, haben ein verändertes Mikrobiom, da sie nicht mit den mütterlichen Vaginalbakterien in Kontakt kommen. Dies kann das Immunsystem in eine „allergische“ Richtung lenken und das Risiko für EoE und andere Immunerkrankungen erhöhen. Kaiserschnittgeburten sind laut verschiedenen Studien mit einer höheren Rate an Asthma, Allergien und möglicherweise EoE verbunden.

Stillen

Muttermilch enthält immunmodulierende Stoffe, die das Immunsystem des Babys stärken und vor Allergien schützen. Kinder, die früh mit Kuhmilch- oder Sojaprodukten gefüttert werden, haben ein höheres Risiko für EoE, da Kuhmilch eines der häufigsten Allergene ist. Ein längeres Stillen scheint einen gewissen Schutz vor allergischen Erkrankungen, einschließlich EoE, zu bieten, aber die genauen Mechanismen sind nicht vollständig geklärt.

Starke Korrelation mit Umweltfaktoren bei eosinophiler Ösophagitis

Die Entwicklung der eosinophilen Ösophagitis ist das Ergebnis einer komplexen Wechselwirkung zwischen genetischer Veranlagung und Umweltfaktoren. Umweltfaktoren, insbesondere im frühkindlichen Alter, spielen eine entscheidende Rolle bei der Entstehung von EoE.

Am besten untersucht sind Faktoren, die die Besiedlung der Darmflora (Mikrobiom) und das Immunsystem in den ersten Lebensjahren beeinflussen. Dazu gehören die Einnahme von Antibiotika, Medikamente zur Hemmung der Magensäure und Geburten per Kaiserschnitt. Schlechter Luft- und Wasserqualität korreliert ebenfalls mit der EoE-Erkrankung.

Quellen

Nature with nurture: The role of intrinsic genetic and extrinsic environmental factors on eosinophilic esophagitis