Gastroösophageale Refluxkrankheit (GERD) oder EoE – Das Diagnose-Dilemma bei Sodbrennen

Sodbrennen galt früher als harmlos und wurde oft belächelt. Man nahm es hin und machte dafür das Essen verantwortlich. Heute sehen Ärzte Sodbrennen als ein Hauptsymptom der gefährlichen gastroösophagealen Refluxkrankheit (gastroesophageal reflux disease, abgekürzt GERD). Diese Sichtweise hat sich durch neue Forschungsergebnisse und neue Medikamente sowie chirurgische Verfahren geändert.

Mehr als nur Reflux – Das komplexe GERD-Syndrom

Die gastroösophageale Refluxkrankheit ist kein typisches Krankheitsbild, sondern ein Syndrom, das mehrere Störungen umfassen kann:

  • Schädigung der Speiseröhrenschleimhaut, mit oder ohne Symptome
  • Entzündung der Speiseröhre (Refluxösophagitis), von leicht bis schwer
  • Symptome wie Sodbrennen, Aufstoßen, Magenverstimmung, Blähungen, Völlegefühl, chronischer Husten, Aufstoßen von Mageninhalt, Heiserkeit, Keuchen oder Asthma, Schluckbeschwerden oder Halsschmerzen

Vom lästigen Übel zur ernsthaften Erkrankung: Chronisches Sodbrennen

Wenn Sodbrennen regelmäßig über Monate oder Jahre auftritt, nennt man es chronisches Sodbrennen. Dies kann die Schleimhaut der Speiseröhre schädigen, vor allem im unteren Bereich. Zuerst ist die Schleimhaut nur leicht gereizt, später entstehen Narben, Verengungen, Geschwüre und in seltenen Fällen sogar Krebs.

Nur eine Minderheit der Menschen mit Sodbrennen entwickelt GERD. Die heutigen neuralisierenden bzw. säurehemmenden Medikamente wie Antazida und Protonenpumpenhemmer scheinen wichtig zu sein, um vor chronischem Sodbrennen zu schützen. In Deutschland gehören die Säureblocker Protonenpumpeninhibitoren (PPI) zu den am häufigsten verschriebenen Medikamenten. Verdauungsstörungen, Sodbrennen und Magen-Darm-Erkrankungen sind ein Milliardengeschäft für die Pharmaindustrie.

Aber: Die Pharmaunternehmen, die all diese starken säureunterdrückenden Medikamente gegen Sodbrennen herstellen, wissen, dass Sodbrennen und GERD nicht durch zu viel Säure verursacht werden. So logisch das auch klingt, es stimmt einfach nicht! Für viele Menschen mit Sodbrennen und/oder GERD kann die beste Behandlung tatsächlich mehr Säure sein, nicht weniger.

Übeltäter Magensäure?

Wenn Sodbrennen nicht durch zu viel Magensäure verursacht wird, wodurch wird es dann verursacht, und warum scheinen diese Medikamente so gut zu wirken? Schließlich hat es den Anschein, dass die Senkung des Magensäurespiegels das Sodbrennen lindert und die Heilung der mit GERD verbundenen Speiseröhrenschäden unterstützt.

Es ist unbestritten, dass die Magensäure die Symptome von Sodbrennen verursacht und dass sie für viele GERD-bedingte Schäden verantwortlich ist. Eine chronische Säureeinwirkung kann schwerwiegendere Erkrankungen wie Refluxösophagitis und GERD verursachen. Selbst eine geringe Menge Säure an der falschen Stelle (z. B. in der Speiseröhre) kann Symptome und letztlich Gewebeschäden verursachen. (Schließlich muss die Magensäure sehr stark sein, wenn sie selbst ein zähes Rindersteak innerhalb von etwa einer Stunde in das Äquivalent einer Rindsuppe verwandeln kann).

Außerdem trägt eine Senkung des Säuregehalts des Magens häufig dazu bei, die Symptome von Sodbrennen zu lindern und die Schäden von GERD zu verringern – wenn auch nur vorübergehend.

Die Störung des Muskelventils, dem unteren Ösophagussphinkter (LES)

Der untere Ösophagussphinkter (lower esophageal sphincter, abgekürzt LES) öffnet sich normalerweise weit, damit geschluckte Nahrung und Flüssigkeit leicht in den Magen gelangen kann. Außer bei Aufstoßen und Erbrechen ist dies die einzige Zeit, in der sich das Muskelventil öffnen soll. Es sollte sich kurz nach dem Schlucken der Nahrung wieder schließen und verhindern, dass saure Magensäfte den Rückweg in die Speiseröhre antreten. Wenn dieser (Schließ-)Muskel richtig funktioniert, spielt es keine Rolle, wie viel Säure im Magen ist. Sie schafft es nicht bis in die Speiseröhre. Wenn das LES jedoch nicht richtig funktioniert, kann unter den richtigen Bedingungen eine kleine Menge Säure in die Speiseröhre zurückfließen.

Wissenschaftler haben herausgefunden, dass sich das Muskelventil bei Sodbrennen oder GERD kurzzeitig öffnet, wenn es das nicht sollte. Wenn sich das Ventil unangemessen öffnet, kommt es zum Reflux. Das Hauptsymptom des Zurückfließens ist natürlich Sodbrennen. Wenn Reflux zu häufig auftritt und die Speiseröhrenschleimhaut über einen zu langen Zeitraum zu viel Säure ausgesetzt ist, kann die Schleimhaut gereizt werden oder sich entzünden.

Gastroösophageale Refluxkrankheit (GERD) vs. Eosinophile Ösphagitis (EoE) – Wenn Sodbrennen auf Schluckbeschwerden trifft

Wenn ein Patient über Schluckbeschwerden und Sodbrennen klagt, wird oft GERD diagnostiziert. Diese Symptome können aber auch auf eine eosinophile Ösophagitis (EoE) hinweisen. (1) Es ist jedoch schwierig, EoE von GERD zu unterscheiden, da die Symptome ähnlich sind. Sowohl bei EoE als auch bei GERD handelt es sich um Barriere-Erkrankungen der Speiseröhre, bei denen die Durchlässigkeit der Speiseröhrenschleimhaut erhöht ist. Dies kann zu Entzündungen führen, die von bestimmten Immunzellen vermittelt werden.

Während bei EoE Nahrungsmittelallergene eine Entzündung mit eosinophilen Granulozyten auslösen, entsteht bei GERD durch sauren Reflux aus dem Magen eine Entzündung mit neutrophilen Granulozyten. Es ist auch möglich, dass GERD und EoE zusammen auftreten, indem einige GERD-Patienten auch eine erhöhte Anzahl von eosinophilen Granulozyten in der Speiseröhre haben und einige EoE-Patienten zusätzlich unter Reflux leiden.

Die klinischen Symptome von GERD und EoE

GERD betrifft Frauen häufiger als Männer, tritt ab dem 20. Lebensjahr auf und bleibt konstant über alle Lebensabschnitte. Übergewicht ist oft verbunden, aber nicht allergische Reaktionen. Hauptbeschwerden sind Sodbrennen (bei 75% der Betroffenen), das meist ein bis zwei Stunden nach dem Essen auftritt, sowie Reflux und Schluckbeschwerden (bei 35%).

Bei EoE sind Männer im jungen bis mittleren Alter häufiger betroffen als Frauen. Übergewicht ist nicht so verbreitet, aber Allergien sind häufig. Allergische Erkrankungen können ein Hinweis auf EoE sein. Das Hauptsymptom bei eosinophiler Ösophagitis sind Schluckbeschwerden, das fast alle Patienten betrifft, jedoch oft nicht von Patienten genannt wird. Viele Betroffene haben sich an die Beschwerden gewöhnt oder entwickeln Anpassungsstrategien wie langsames Essen. Etwa 40% der EoE-Patienten haben retrosternales Brennen (hinter dem Brustbein), das im Gegensatz zum Sodbrennen bei GERD direkt während des Essens auftritt. Etwa ein Drittel der EoE-Patienten erleidet Bolusobstruktionen aufgrund einer verengten Speiseröhre, was oft ein klares Zeichen für EoE ist. (2)

MerkmalGERDEoE
GeschlechterverteilungHäufiger bei FrauenHäufiger bei Männern, besonders im jungen bis mittleren Alter
AltersverteilungBeginnt ab dem 20. Lebensjahr und bleibt konstantHäufig im jungen bis mittleren Lebensalter
AssoziationenÜbergewicht, keine Assoziation mit AllergienWeniger häufig Übergewicht, häufiger allergische Diathese
HauptsymptomeSodbrennen (75 %), Rückfluss (40 %), Schluckbeschwerden (35 %)Schluckbeschwerden (90 %), retrosternales Brennen (40 %), mögliche Bolusobstruktionen (35 %)
SymptombeginnSodbrennen typischerweise 1-2 Stunden nach dem EssenRetrosternales Brennen (hinter dem Brustbein) während des Essens, Schluckbeschwerden (oft schon seit der Kindheit)
Bolusimpaktionen (Speiseröhrenblockade )SeltenEtwa ein Drittel der Patienten
Tabellarischer Vergleich von GERD und EoE

Es gibt keinen festen Standard für die Diagnose einer gastroösophagealen Refluxkrankheit. Symptome allein reichen nicht aus, um die Krankheit zu bestätigen. Oft werden zu Beginn Protonenpumpenhemmer (PPI) verschrieben und das Ansprechen des Patienten darauf beobachtet. Allerdings ist bekannt, dass PPI die Anzeichen sowohl von GERD als auch von EoE beeinflussen kann. Daher sollten PPI vor endoskopischen Untersuchungen für 3-4 Wochen abgesetzt werden. Eine endoskopische und histologische Untersuchung kann oftmals Klarheit bringen.

Hohe Dunkelziffer von EoE bei GERD-Patienten, die nicht auf PPI ansprechen

Es wird immer noch zu selten an EoE gedacht. Oft wird bei Beschwerden wie Sodbrennen und Schluckbeschwerden die Diagnose GERD gestellt. Eine Studie hat gezeigt, dass 5% aller GERD-Patienten, die nicht auf PPI ansprechen, tatsächlich an EoE leiden. Bei GERD-Patienten mit Schluckbeschwerden sind es sogar 10%. Dies bedeutet, dass viele EoE-Patienten nicht erkannt werden und ihre Diagnose oft Jahre dauert. (3)

Quellen

(1) https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/27187303/
(2) https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/28507746/
(3) https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33982953/