Asthma ist eine chronische Erkrankung, bei der die Atemwege rebellieren und plötzlich streiken. Für Menschen, die bereits an eosinophiler Ösophagitis (EoE) leiden, klingt das vielleicht bekannt, denn auch hier haben wir es mit einer Überreaktion des Immunsystems zu tun. Auf den ersten Blick scheinen Krankheiten unterschiedliche Körperteile zu betreffen – die eine die Lunge, die andere die Speiseröhre. Gemeinsam ist beiden die Überreaktion des Immunsystems sowie ein ähnlichen Allergie-Hintergrund.
Was ist Asthma?
Asthma ist eine chronische entzündliche Erkrankung der Atemwege, die dazu führt, dass sich die Bronchien verengen und die Atmung erschwert wird. Diese Verengung wird durch eine Überempfindlichkeit der Atemwege ausgelöst. Besonders häufig betroffen sind Menschen, die auch an Allergien leiden, da Asthma oft als Teil des sogenannten „atopischen Marsches“ auftritt – einer Reihe von allergischen Erkrankungen, die sich im Laufe der Zeit entwickeln können. Eosinophile Ösophagitis und Asthma treten oft gemeinsam auf, da beide Erkrankungen mit einer erhöhten Anzahl von eosinophilen Zellen – einer Art von weißen Blutkörperchen – verbunden sind, die bei entzündlichen Reaktionen eine zentrale Rolle spielen.
Typische Symptome von Asthma sind:
- Atemnot: Häufig während körperlicher Anstrengung oder in Verbindung mit Allergenen.
- Keuchen: Ein pfeifendes Geräusch beim Atmen, besonders beim Ausatmen.
- Engegefühl in der Brust: Viele Betroffene beschreiben ein Gefühl der Beklemmung oder des Drucks in der Brust.
- Husten: Besonders nachts oder am frühen Morgen. Häufig wird der Husten von Schleim begleitet.
Erste Hilfe bei Asthma-Anfall: Wenn der Körper SOS funkt
Ein Asthma-Anfall fühlt sich oft an, als würde die Luftzufuhr plötzlich ganz abgestellt. Plötzlich geht nichts mehr: Man atmet kurz und flach, das Keuchen wird lauter, und die Panik steigt – weil man einfach nicht genug Luft bekommt. Besonders schlimm ist es, wenn die Lippen sich bläulich verfärben und sich Angst breitmacht. Das sind die Alarmsignale, bei denen man nicht lange fackeln sollte.
Was tun? Ein Notfallinhalator ist der Retter in der Not. Er öffnet die Atemwege und verschafft schnelle Erleichterung. Wenn das aber nicht sofort hilft, muss man den Notruf wählen. Keine Zeit verlieren – das ist die wichtigste Regel bei einem Asthma-Anfall.
Konventionelle Behandlung von Asthma – Vorbeugen und im Notfall
Asthma ist gut behandelbar. Die Behandlung basiert auf zwei Säulen: Vorbeugung und Notfallmedikation.
Langzeitmedikamente halten die Entzündungen in den Atemwegen in Schach. Hierzu gehören meist inhalative Kortikosteroide, die regelmäßig angewendet werden, um die Überreaktion des Immunsystems zu verhindern.
Bronchodilatatoren öffnen die im Akutfall die verengten Atemwege schnell wieder. Sie sind der Lebensretter, wenn ein Asthma-Anfall droht.
Ursachen von Asthma: Warum die Atemwege reagieren
Asthma kann durch eine Vielzahl von Faktoren ausgelöst werden, die eine Reizung der Atemwege verursachen. Bei vielen Betroffenen, insbesondere solchen mit eosinophiler Ösophagitis, spielen Allergien eine entscheidende Rolle.
Zu den häufigsten Auslösern gehören:
- Allergene: Pollen, Hausstaubmilben, Tierhaare oder Schimmelpilze.
- Luftschadstoffe: Zigarettenrauch, Abgase und andere Umweltverschmutzungen.
- Körperliche Anstrengung: Sport kann bei einigen Menschen Asthmaanfälle auslösen.
- Kälte: Kalte Luft kann die Atemwege zusätzlich reizen.
- Stress: Emotionale Belastungen können die Symptome verschlimmern.
Die Verbindung zwischen Asthma und eosinophiler Ösophagitis liegt häufig in den gemeinsamen allergischen Auslösern. Beide Erkrankungen treten oft bei Menschen auf, die auch an Heuschnupfen oder Nahrungsmittelallergien leiden. Eine übermäßige Immunreaktion führt sowohl in der Lunge als auch in der Speiseröhre zu Entzündungen, die dann die typischen Symptome hervorrufen.
Warum zu Magensäure eine wichtige Rolle spielt
Magensäure und Asthma scheinen auf den ersten Blick wenig miteinander zu tun zu haben, aber tatsächlich gibt es seit fast einem Jahrhundert interessante Zusammenhänge. Bereits 1931 stellte der Asthmaspezialist Dr. George Bray in einer seiner bahnbrechenden Studien fest, dass 80 Prozent von zweihundert untersuchten asthmatischen Kindern eine Unterproduktion von Magensäure und Pepsin aufwiesen. Dies ist besonders spannend, da man zunächst annehmen würde, dass zu viel Säure das Problem sei – tatsächlich war es jedoch das Gegenteil.
Erwachsene mit Asthma leiden oft an Refluxösophagitis und GERD (siehe unten). Die Diagnose erfolgt meist durch Messung des pH-Werts in der Speiseröhre, nicht im Magen. Es ist jedoch wichtig zu wissen, dass ein Säureüberschuss in der Speiseröhre nicht zwangsläufig bedeutet, dass im Magen zu viel Säure vorhanden ist. Häufig tritt sogar zu viel Säure in der Speiseröhre auf, während gleichzeitig im Magen ein Säuremangel herrscht.
Die Magensäure ist essenziell für die Verdauung, da sie dabei hilft, Nahrung aufzuschließen und Nährstoffe verfügbar zu machen. Pepsin, ein Verdauungsenzym, unterstützt diesen Prozess, indem es Proteine im Magen abbaut. Wenn der Magen jedoch nicht ausreichend Säure und Pepsin produziert, bleiben viele Nährstoffe ungenügend aufgespalten und können nur schlecht aufgenommen werden. Dies führt zu Mangelerscheinungen, die sich auf den gesamten Körper auswirken, darunter auch auf das Immunsystem.
Dr. Bray stellte zudem eine weitere faszinierende Verbindung her: Die verringerte Magensäureproduktion bei asthmatischen Kindern beeinflusste offenbar auch die Entwicklung von Nahrungsmittelallergien. Ohne ausreichend Magensäure und Pepsin gelangten größere Nahrungsmittelmoleküle unverdaut in den Darm, wo sie das Immunsystem alarmierten. Diese unvollständig verdaute Nahrung kann das Immunsystem irritieren und über die Zeit hinweg eine allergische Reaktion auslösen. Es entsteht so ein Teufelskreis: Je weniger Magensäure produziert wird, desto mehr Nährstoffe fehlen, und desto wahrscheinlicher ist es, dass sich Nahrungsmittelallergien entwickeln, die wiederum Entzündungen und Asthma verschlimmern können.
Heutzutage verstehen wir noch besser, wie dieser Mechanismus funktioniert. Eine reduzierte Magensäureproduktion kann zu Nährstoffmängeln führen, insbesondere an essenziellen Vitaminen und Mineralien wie Vitamin B12, Magnesium und Eisen, die alle für ein starkes Immunsystem wichtig sind. Ein schwaches Immunsystem kann wiederum Asthma verschlimmern, da der Körper Schwierigkeiten hat, sich gegen allergische Auslöser zu wehren.
Auch der gastroösophageale Reflux (GERD), bei dem Magensäure in die Speiseröhre aufsteigt, steht im Zusammenhang mit Asthma. Während zu viel Säure die Atemwege reizen kann, führt zu wenig Säure zu Verdauungsstörungen und erhöhtem Allergierisiko. Bei Menschen mit eosinophiler Ösophagitis (EoE), die ebenfalls häufig unter Reflux leiden, kann dies die ohnehin entzündete Speiseröhre zusätzlich belasten und die Asthmasymptome verschärfen.
Dr. Bray betonte in seinen Arbeiten auch die Bedeutung einer adäquaten Magensäureproduktion für die allgemeine Gesundheit und das Wohlbefinden der Atemwege. Er wies darauf hin, dass die richtige Diagnose und Behandlung einer Magensäureunterproduktion – etwa durch die Gabe von Magensäureersatzpräparaten oder Pepsin – nicht nur die Verdauung und Nährstoffaufnahme verbessern, sondern auch das Asthma lindern.
Wie gastrischer Reflux Asthma beeinflusst
Laut Dr. Jonathan Wright ist ein häufiger Irrtum, dass Reflux immer mit einem Überschuss an Magensäure verbunden ist. Tatsächlich führt oft ein Mangel an Magensäure dazu, dass die Nahrung im Magen nicht richtig verdaut wird. Dies verursacht eine Verzögerung der Magenentleerung, was den Druck im Magen erhöht und schließlich dazu führt, dass Mageninhalt – inklusive der verbleibenden Säure – in die Speiseröhre zurückfließt. Das führt zu den klassischen Refluxsymptomen wie Sodbrennen, die fälschlicherweise als Zeichen eines Säureüberschusses gedeutet werden.
Dieser Refluxprozess reizt nicht nur die Speiseröhre, sondern kann auch die Atemwege beeinflussen. Der Reflux kann Mikropartikel von Magensäure oder Verdauungsenzymen in die Atemwege transportieren, was eine Entzündung und Reizung der Bronchien verursacht. Diese Reizung kann Asthmasymptome wie Keuchen, Husten und Atemnot verschlimmern oder sogar auslösen. Es gibt Hinweise darauf, dass bis zu 50 % der Menschen mit Asthma auch Symptome von GERD haben.
Statt die Magensäure mit Antazida oder Protonenpumpenhemmern zu reduzieren – wie es häufig bei Refluxpatienten der Fall ist – empfiehlt Dr. Wright, die Magensäureproduktion zu unterstützen. Er schlägt vor, Betain-HCl-Präparate zu verwenden, um die natürliche Säure des Magens wiederherzustellen. Das Ziel ist, die Verdauung zu verbessern und die korrekte Magenentleerung zu fördern, damit der Druck im Magen gesenkt und Reflux vermieden wird.
Wie ein durchlässiger Darm Nahrungsmittelallergien und Asthma verstärken kann
Die richtige Produktion von Magensäure ist essenziell für eine gesunde Verdauung. Wenn der Magen zu wenig Säure produziert, bleibt die Nahrung nur unzureichend aufgespalten, was den Darm belastet. Große, unvollständig verdaute Nahrungsbestandteile gelangen in den Dünndarm und reizen dort die Darmschleimhaut.
Durch die gereizte Schleimhaut werden die sogenannten tight junctions – die Verbindungen zwischen den Zellen der Darmschleimhaut – geschwächt. Diese „Schutzbarriere“ wird durchlässiger, was dazu führt, dass Substanzen, die normalerweise im Darm verbleiben sollten, in den Blutkreislauf gelangen. Das Ergebnis: Entzündungen im gesamten Körper, einschließlich der Lunge, wo sie Asthmaanfälle auslösen oder verschlimmern.
Die erhöhte Durchlässigkeit des Darms ist ein besonderer Risikofaktor für Menschen mit Asthma. Studien zeigen, dass die Entzündungen, die durch den Leaky Gut ausgelöst werden, nicht nur lokal im Darm, sondern systemisch wirken. Asthma ist eine entzündliche Erkrankung der Atemwege, und jede zusätzliche Entzündung, die durch einen gestörten Darm ausgelöst wird, kann die Symptome verstärken. In der Lunge kommt es zu einer erhöhten Schleimproduktion und Verengung der Bronchien, was die typischen Asthma-Beschwerden wie Husten, Atemnot und Engegefühl in der Brust verschlimmern kann.
Bei Menschen mit einer geschwächten Darmschleimhaut gelangen größere Nahrungsbestandteile in den Blutkreislauf, die das Immunsystem als Eindringlinge betrachtet. Dies führt nicht nur zu vermehrten Nahrungsmittelallergien, sondern auch zu einer Überreaktion des Immunsystems, das dann anfängt, auch harmlose Substanzen wie Pollen oder Hausstaubmilben zu bekämpfen. Für Menschen mit Asthma kann dies eine gefährliche Spirale sein: Mehr Allergien bedeuten mehr Entzündungen, und mehr Entzündungen bedeuten schwerere Asthmaanfälle.
Den Teufelskreis aus zu wenig Magensäure durchbrechen
Eine niedrige Produktion von Magensäure kann somit eine Art Teufelskreis auslösen. Ohne ausreichend Magensäure wird die Nahrung nicht richtig verdaut, was zu einer Überlastung des Darms führt und die Wahrscheinlichkeit für einen Leaky Gut erhöht. Der durchlässige Darm wiederum setzt den Körper vermehrt entzündlichen Stoffen aus, die Asthma und andere allergische Erkrankungen verschlimmern. Bei Menschen mit EoE, deren Immunsystem ohnehin stark auf Nahrung reagiert, kann dies die Entzündungsreaktionen in der Speiseröhre und den Atemwegen zusätzlich verschärfen.
Zum Glück gibt es Möglichkeiten, den Teufelskreis zu durchbrechen. Eine gesunde Produktion von Magensäure und eine robuste Darmschleimhaut sind der Schlüssel. Einige Experten wie Dr. Jonathan Wright empfehlen, die Magensäureproduktion bei Bedarf durch Betain-HCL oder andere säureunterstützende Präparate zu fördern, um die Verdauung zu verbessern. Auch eine gezielte Ernährungsumstellung kann helfen, den Darm zu beruhigen und seine Schutzbarrieren zu stärken. Lebensmittel wie fermentierte Produkte, die reich an probiotischen Bakterien sind, sowie eine ballaststoffreiche Ernährung unterstützen die Darmschleimhaut und können zur Regeneration beitragen.
Zudem sollte man Reizstoffe wie Alkohol, Zucker und hochverarbeitete Lebensmittel meiden, die den Darm belasten und zu vermehrter Durchlässigkeit führen. Die Forschung deutet darauf hin, dass eine Ernährung, die den Darm schützt und stärkt, auch zur Linderung von Asthma beitragen kann.
Asthma und eosinophile Ösophagitis – zwei Seiten der gleichen Medaille
Für Menschen mit Asthma und eosinophile Ösophagitis kann auch eine Ernährungsumstellung hilfreich sein, um Entzündungen im Körper zu reduzieren. Da bei EoE oft Nahrungsmittelallergien eine Rolle spielen, kann eine allergenarme Diät sowie die Förderung der Magensäureproduktion nicht nur die Speiseröhre, sondern auch die Atemwege entlasten. Zudem sollte man bekannte Allergene wie Pollen oder Hausstaubmilben meiden, um die Auslöser von Asthma-Anfällen zu minimieren.
Quellen
Bray G. „Gastrointestinal Observations in Asthmatic Children: An Analysis of Two Hundred Cases.“ The Journal of Pediatrics. 1931.
Mastronarde JG, et al. „The role of gastroesophageal reflux in asthma and chronic cough.“ Clin Chest Med. 2009; 30(1):153-163.
Wright, Jonathan V. „Gastroesophageal Reflux Disease and Hypochlorhydria.“ The Townsend Letter for Doctors and Patients, 1996.
Sontag, Stephen J., et al. „Asthma and gastroesophageal reflux: acid suppressive therapy improves asthma outcome.“ The American journal of medicine 89, no. 6 (1990): 670-674.