Leaky Gut – Wenn der Darm undicht wird

Leaky Gut ist nicht vielen Ärzten ein Begriff oder wird von ihnen als unwissenschaftlich abgetan, dabei wird die berühmte Aussage „Jede Krankheit beginnt im Darm“ dem antiken Arzt Hippokrates zugeschrieben. Der durchlässige Darm gilt als mögliche Ursache für verschiedene schwere menschliche Krankheiten. Die Forschung legt nahe, dass das Darmmikrobiom eine Rolle unter anderem bei Krankheiten wie Reizdarmsyndrom, Krebs, Adipositas und Autismus spielt.

Was ist ein Leaky-Gut-Syndrom?

In einem gesunden Darm bilden die Zellen der Darmwand enge Verbindungen, sogenannte Tight Junctions (deutsch: enge Verbindungsstellen). Das darmassoziierte lymphatische Gewebe (darmassoziierte Immunsystem) agiert als erste Verteidigungslinie unseres Immunsystems gegenüber der Außenwelt. Aufgrund der großen Oberfläche hat die Schleimhaut des Darmes besondere Bedeutung für das Immunsystem. Hier stehen unsere Abwehrkräfte in Bereitschaft. 70–80 % aller Zellen, die Antikörper produzieren, befinden sich in der Darmschleimhaut.

Bei einem Leaky Gut, einem undichten Darm, sind diese enge Verbindungsstellen beschädigt. Winzige Löcher entstehen, durch die Stoffe aus dem Darm in den Blutkreislauf gelangen. Bakterien, Giftstoffe und unverdaute Nahrungsbestandteile gelangen durch einen undichten Darm in den Körper und das Immunsystem alarmieren.

Dies führt auf Dauer zu chronischen Entzündungsreaktionen, die sich im gesamten Körper ausbreiten können, sogar in Gelenken. Chronische Entzündungen sind möglicherweise der Hauptauslöser für eine Vielzahl von chronischen Erkrankungen, von Rheuma bis hin zum Herzinfarkt.

Was schadet dem Darm?

Um unseren Darm zu schützen und die besagten Entzündungsherde zu vermeiden, müssen wir uns bewusst machen, was ihm schadet. Schutzmaßnahme Nummer eins ist eindeutig die Optimierung der Ernährung. Bestimmte Lebensmittel, aber auch andere Faktoren beeinträchtigen unseren Darm:

Gluten

Das Klebeeiweiß ist mit Abstand der häufigste Auslöser für Leaky Gut. Auch in anderen Getreidesorten wie Roggen, Gerste, Hafer und Mais gibt es ähnliche Proteine, die ihre eigene Wirkung entfalten. Moderne Züchtungen machen das Protein des Weizens besonders schwer verdaubar. Das Gliadin Molekül führt zu einer Freisetzung von Zonulin, was direkt zu einer Öffnung der Tight Junctions führt. Durch die Löcher in der Darmwand gelangt das Gluten überall in den Körper, selbst in das Gehirn, und kann dort Schäden verursachen. Die Durchlässigkeit der Darmwand kann zu Autoimmunerkrankungen und Entzündungserkrankungen wie Zöliakie, Reizdarmsyndrom oder auch Demenz führen.

Casein (Milchprodukte)

Casein, das Hauptprotein in Käse und Quark, weist eine bemerkenswerte strukturelle Ähnlichkeit zu Gluten auf, dem bekannten Protein in Getreideprodukten. Dies kann dazu führen, dass das Immunsystem fälschlicherweise Casein mit Gluten verwechselt. Milchallergien gehen oft auf dieses Protein zurück. Besonders das in Kuhmilch vorkommende A1-Casein steht im Verdacht, diese Reaktion auszulösen, während das A2-Casein, das in Ziegen- oder Schafmilch sowie bei einigen Kuhrassen vorkommt, besser verträglich ist.

Lektine, Phytate und Co.

Lektine sind Zuckerproteine, die in Hülsenfrüchten, Getreide und Nachtschattengewächsen wie Kartoffeln, Tomaten und Paprika vorkommen. Im Übermaß oder bei schlechter Essenszubereitung verklumpen sie Proteine und Zellen im Körper und beeinträchtigen die Darmepithelzellen. Die Antinährstoffe Phytate in Getreide, Hülsenfrüchten und Nüssen behindern die Nährstoffaufnahme, heften sich an die Darmschleimhaut und führen zu Entzündungen.

Durch die richtige Zubereitung können wir einen Teil dieser schädlichen Effekte reduzieren. Einweichen, Keimen oder Fermentieren von Lebensmitteln, die Lektine und Phytate enthalten, kann dazu beitragen, den Schaden für unsere Darmgesundheit zu minimieren.

Fruktose

Fruchtzucker (Fructose) wird im Vergleich zu Glucose (Traubenzucker) langsamer vom Darm aufgenommen. In großen Mengen hat übermäßiger Verzehr von Haushaltszucker oder Fruchtsäften negative Auswirkungen auf den Darm. Der reaktive Zucker kann die Darmschicht angreifen und Entzündungen hervorrufen. Besonders problematisch ist die Kombination von Fructose mit Omega-6-Fettsäuren. Zucker begünstigt zudem das Wachstum von Hefen, Pilzen und schädlichen Bakterien und bringt das Mikrobiom in Dysbalance.

Sojaprotein

Sojaprotein findet sich in vegetarischen Ersatzprodukten. Es ist ähnlich schwer verdaulich wie Gluten und hat vergleichbare Auswirkungen auf den Darm.

Omega-6-Fettsäuren

In der Massentierhaltung erhalten Tiere oft Futtermittel wie Getreide und Mais, die reich an Omega-6-Fettsäuren sind. Diese Fettsäuren sind auch in pflanzlichen Speiseölen wie Sojaöl, Sonnenblumenöl, Maisöl und Distelöl enthalten. Omega-6-Fettsäuren stimulieren die Produktion von Zytokinen, die wiederum Entzündungen im Körper fördern. Chronische Entzündungen führen dazu, dass Darmzellen absterben und sich nicht schnell genug erneuern, was zu Löchern in der Darmschicht führt. Einige Studien deuten darauf hin, dass eine hohe Aufnahme von Omega-6-Fettsäuren mit einer erhöhten Leptinresistenz verbunden ist, die den Stoffwechsel beeinträchtigt.

Chemische Zusatzstoffe

Viele chemische Hilfsstoffe in verarbeiteten Lebensmitteln können das Darmepithel oder die Darmflora schädigen und das Gleichgewicht stören, was für die Gesundheit wichtig ist. Einige Beispiele sind Süßstoffe wie Cyclamat und Saccharin, unverdauliche Faserstoffe wie Johannesbrotkernmehl, modifizierte Stärken, Benzolverbindungen und künstliche Farbstoffe sind besonders problematisch für den Darm.

Toxine

Umweltgifte wie zum Beispiel Schwer- und Leichtmetalle, Pestizide und Plastik (zum Beispiel BPA) verursachen Entzündungen im Darm und öffnen die Tight Junction.

Medikamente

Antibiotika unterscheiden nicht zwischen guten und schlechten Bakterien. Eine häufige oder längere Anwendung sorgt für eine Dysbalance der Darmflora. Ungünstige Bakterien geweinnen die Oberhand und sorgen für Entzündungen im Darmtrakt.

Nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) wie Ibuprofen oder Diclofenac kann der Körper nur schwer abbauen. Sie irritieren den Dünndarm und führen zum durchlässigen Darm.

Antazida (Magensäureblocker) führen bei Langzeitanwendung häufig zu SIBO und Darmentzündungen. Beides sind Ursachen für einen Leaky Gut.

Steroide wie zum Beispiel Prednisolon erhöhen den Cortisolspiegel, was wiederum die Darmwand schädigt.

Stress

Stress hat viele Auswirkungen auf unseren Körper. Jeder Gedanke und jede Emotion beeinflusst unsere Zellen, Organe, Hormone – und auch die Darmgesundheit. Chronischer Stress (Stichwort Cortisol) schädigt das Darmmikrobiom und schwächt das Immunsystem.